Es ist (endlich) wieder soweit: die Sonne nimmt den Kampf gegen die letzten Schneefelder auf und jetzt Anfang Juni kann man auf 2.000 Metern schon fast wieder schneefrei bergsteigen. Die Sommersaison für Bergsteiger im Hochgebirge kommt immer näher und da stellt sich doch die Frage: wo darf man überall gehen? Oder besser noch: wo darf ich nicht gehen?
Autorin: Sarah Markt, Juristin und ehemalige Mitarbeiterin ÖKAS; Titel: © Jens Schwarz – Tirol Werbung
Grundlegender Inhalt der Wegefreiheit im Österreichischen Bergland sind jene Normen, die den freien Zugang zum Gebirge unter Einhaltung einschränkender Rechtsvorschriften ermöglichen. Relevante Vorschriften gibt es diesbezüglich nur in Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg und der Steiermark.
Der Begriff Weg ist jedoch in keiner dieser Bestimmungen definiert. Durch die Zusammenführung aller relevanten Wegbegriffe entsteht deshalb analog dazu die Wegdefinition für das Hochgebirge. Im alpinen Ödland spricht man von einer Wegewahlfreiheit, d.h. es besteht die Freiheit, sich seinen Weg auch abseits von bereits bestehenden Wegen auszuwählen. Für die Wegefreiheit ist iS dieser Normen also kein Weg notwendig.
Wandern ja, Klettersteig nein
Das Gebiet oberhalb der natürlichen Baumgrenze nennt sich, unabhängig von der Walddefinition des Forstgesetzes, alpines Ödland. In Salzburg und Oberösterreich ist der Gemeingebrauch am Ödland im Vergleich zum Forstgesetz weit weniger streng auszulegen und umfasst Zelten, Lagern, Skifahren im Aufstieg und in der Abfahrt, Snowboarden, Rodeln, Langlaufen, Reiten und Mountainbiken. Wandern und Klettern ist unbeschränkt zulässig, auch das Anbringen von einfachen Haken ist von der Wegefreiheit im Hochgebirge gedeckt.
Lediglich das Anlegen von Klettersteigen, wodurch der Fels beeinträchtigt und verändert wird, bedarf einer Zustimmung des Eigentümers. In diesen drei Bundesländern sind Beschränkungen der Wegefreiheit zu Jagdzwecken zulässig. Außerdem können durch Lawinen oder Steinschlag gefährdete Gebiete in Kärnten und der Steiermark von der Bezirkshauptmannschaft gesperrt werden, in Salzburg fehlt eine solche ausdrückliche Bestimmung.
Bergland Tirol ohne Wegefreiheitsgesetz
In Wien, Burgenland, Niederösterreich und Tirol sind keine Wegefreiheitsgesetze vorhanden, daher kann in diesen Ländern aufgrund der fehlenden gesetzmäßigen Grundlage auch kein Gemeingebrauch entstehen. Unter Gemeingebrauch versteht man ein jedem zustehendes Recht, öffentliche Sachen wie Straßen, Wege, Grünanlagen, Gewässer ihrer Bestimmung entsprechend zu benutzen.
In Kärnten, Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark besteht im alpinen Ödland in Form der Wegewahlfreiheit beispielsweise ein Recht auf Skitouren aufgrund von Gemeingebrauch. Dieses Betretungsrecht legitimiert zum Bergaufgehen und zum Abfahren jeweils mit Tourenski. Anderer Ansicht ist diesbezüglich Kanonier, der im Begriff „Fußwanderverkehr“ des Oö Tourismus-Gesetzes das Abfahren mit Ski nicht beinhaltet sieht.
Lediglich das Anlegen von Klettersteigen, wodurch der Fels beeinträchtigt und verändert wird, bedarf einer Zustimmung des Eigentümers. In diesen drei Bundesländern sind Beschränkungen der Wegefreiheit zu Jagdzwecken zulässig. Außerdem können durch Lawinen oder Steinschlag gefährdete Gebiete in Kärnten und der Steiermark von der Bezirkshauptmannschaft gesperrt werden, in Salzburg fehlt eine solche ausdrückliche Bestimmung.
Abbildungen: Wege im Hochgebirge © Hans Herbig, Jens Schwarz - Tirol Werbung
Ruhe für das Vieh
Ausgeschlossen wird die Wegefreiheit in diesen Ländern meist im Weide- und Mähgebiet.
In Kärnten genauer gesagt im Wald-, Weide- und Mähgebiet, in Salzburg im Weide- und Alpgebiet wenn ein Schaden entsteht, in Oberösterreich im Weidegebiet und in der Steiermark in allen landwirtschaftlich genutzten Gebieten, ausgenommen Weiden und Almen.
Das Betretungsrecht iS einer Wegewahlfreiheit gilt in Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark lediglich oberhalb der Waldgrenze. Zusätzlich besteht es in Kärnten auch für alle Gebiete unterhalb der Waldgrenze solange es sich nach wie vor um Bergland handelt. In Salzburg besteht ein zusätzliches Betretungsrecht unterhalb der Waldgrenze nur im Alp- und Weidegebiet und auch dort lediglich auf öffentlichen Wegen. In Salzburg und Oberösterreich existiert ein Betretungsrecht jedoch bloß, wenn es sich um unverbautes oder nicht kultiviertes Ödland handelt. In der Steiermark und in Kärnten gibt es eine solche ausdrückliche Beschränkung der Wegefreiheit im Ödland nicht.
In Salzburg, Kärnten, Oberösterreich und der Steiermark gibt es zudem die Möglichkeit, Privatwege mittels eines Verwaltungsaktes und gegen eine Entschädigung für den Touristenverkehr zu öffnen. Die Privatwege werden also in diesem Zuge mit Gemeingebrauch belastet. Der Verwaltungsakt ist dabei zwingend erforderlich, ohne ihn existiert auch kein Betretungsrecht. In Vorarlberg befinden sich in den §§ 24 f Vlbg StraßenG betreffend die Wegefreiheitsbestimmungen keine Sonderregelungen für Wege.
”Für das Hochgebirge oder auch alpine Ödland gelten je nach Bundesland die unterschiedlichen Regelungen der Landesgesetze.
Sarah Markt, Juristin und ehemalige Mitarbeiterin ÖKAS
Abbildung: Blick nach Norden - Axamer Lizum © Katleen Johne - Tirol Werbung
Zusammenfassend halten wir fest, dass es in Österreich nur für den Wald ein freies und einheitlich im Forstgesetz geregeltes Betretungsrecht gibt.
Für das Hochgebirge oder auch alpine Ödland gelten je nach Bundesland die unterschiedlichen Regelungen der Landesgesetze. Im Bundesland Tirol gilt das Hochgebirge – trotz fehlendem allgemeinen Betretungsrecht – in der Praxis auf Basis des Gewohnheitsrechts als frei begehbar.